Historie Kaiserpfalzquartier

Die wechselhafte Geschichte des Kaiserpfalzquartiers

Es begann eigentlich mit der Schließung des Odeon. Aus feuerpolizeilichen Gründen sah sich die Stadt Goslar veranlasst, das traditionsreiche, aber über lange Jahre vom Stadtrat vernachlässigte Odeontheater zu schließen. In dieser Zeit wurde der Stadt der Gedanke nahegebracht, dass der Ehrenbürger Hans-Joachim Tessner sich überlege, einige Millionen Euro für die Sanierung des Odeon zu spendieren. Wohl um den Bürgern dieser Stadt ein Geschenk zu machen, aber auch, um damit an den Sohn der Stadt zu erinnern, der als Mäzen und Wohltäter Goslar manch Gutes getan hat. 

Doch dann kam ein anderer Gedanke ins politische Spielfeld, in Goslar ein ECE-Einkaufscenter zu errichten. Damit war ein für alle Mal das Ende des Odeon als Spielstätte besiegelt. Denn Tessner schreckte auf und wechselte sozusagen über Nacht von einer Seite der Stadt auf die andere. Denn ein ECE-Center, das ausgerechnet auf dem Gelände des heutigen Kaiserpfalzquartiers entstehen sollte, hätte seiner inmitten der Altstadt gelegenen Kaiserpassage sowie dem gesamten Innenstadt-Einzelhandel wirtschaftlich enorm geschadet und hätte gleichzeitig die wohl wertvollste Entwicklungsfläche der Kaiserstadt okkupiert.  

Und so entstand der Gedanke, dass die Stadt, sofern sie den ECE-Plänen eine Absage erteilt, mit einer Kunsthalle auf dem Gelände des Kaiserpfalzquartiers belohnt würde. Ein Kunsthaus, das Tessner bereit war, aus Eigenmitteln zu finanzieren und mit seiner eigenen Sammlung moderner Kunst zu bestücken. Daneben sollte ein Hotel und eine Tiefgarage entstehen. 

Dass es mit dem ECE-Center aus guten Gründen nichts wurde, ist bekannt und war eine richtige Entscheidung. Zu sehr hätte dieses Projekt der Innenstadt geschadet.

Von nun an ging es also darum, das Kaiserpfalzquartier zu entwickeln. Tessners Plan einer Kunsthalle war nicht unumstritten. Was wird aus dem Mönchehaus als eigentlicher Ausstellungsort moderner Kunst? Wie stark wirkt die "Konkurrenz" im nahen Schloß Derneburg, in dem seit 2006 das amerikanische Sammler-Ehepaar Andrew und Christine Hall eine der größten Sammlungen moderner Kunst in Europa zusammengetragen hat? Bis 2025 sollen dort 10.000 Quadratmeter an Ausstellungsfläche zur Verfügung stehen!  

Es dauerte nicht allzu lange, da entschied Mäzen Tessner anders: Er cancelte seine Kunsthalle und versprach der Stadt, sofern sie es möchte, eine Veranstaltungshalle zu schenken und dafür 6,5 Millionen Euro bereitzustellen. Zusätzlich erklärte er sich nach Verhandlungen mit dem früheren OB Dr. Junk bereit, auch für den Betrieb der Halle über einen längeren Zeitraum aufzukommen und stellte weitere 4 Millionen Euro in Aussicht.


Dann aber galoppierten die Preise in der Baubranche davon. Heute kalkuliert man allein für die Halle Kosten von mindestens 20 Millionen Euro. Das bedeutet, sofern Tessner seinen Anteil von 6,5 Millionen Euro der Kostenexplosion nicht anpasst, dass die Stadt heute mit Millionenaufwand an den Baukosten beteiligt wäre.
Kosten, die auch deshalb fragwürdig sind, weil bislang kein wirkliches Konzept zum Betrieb der Halle vorliegt, weil die Halle für einen halbwegs wirtschaftlichen Betrieb viel zu klein geplant ist (500 Sitzplätze) und weil die heute geschätzten Kosten bis zur Fertigstellung wohl nicht zu halten sein werden.

Statt dessen bieten sich erheblich! günstigere Lösungen an anderer Stelle an. So ist das Welterbe am Rammelsberg, speziell die alte Schlosserei, ein magischer Ort für Veranstaltungen verschiedenster Art. Dort könnte man mit erheblich weniger Aufwand eine multifunktionale Halle realisieren. Oder der in die Jahre gekommene Lindenhof: Warum nicht - ebenfalls mit vergleichsweise wenig Geld - diesen, seit Jahrzehnten bewährten Ort vieler Veranstaltungen reaktivieren und ausbauen?  

Es besteht also die berechtigte Sorge, dass aus einem wunderbaren Geschenk des Ehrenbürgers Tessner eine vergiftete Gabe wird. Vergiftet deshalb, weil sie aufgrund unvermeidlicher Neuschulden in Zukunft so viel Finanzkraft der Stadt bindet, dass für die kommenden Zukunftsaufgaben, für die nächste Generation von Goslarer Bürgerinnen und Bürgern, kaum noch Luft bleibt, ihre Zukunft zu gestalten. 

Deshalb gilt: volle Unterstützung für Herrn Tessners Plan, ein Hotel und eine Tiefgarage zu bauen. Beides braucht Goslar!  Aber keinen Hallenbau an dieser Stelle. Den braucht Goslar nicht!

Bild: Stadt Goslar / Goslar.de